Pressemitteilung des ökologischen Verkehrsclubs VCD

Der ökologischen Verkehrsclub VCD zieht eine ernüchternde Bilanz der Klima- und Verkehrspolitik der Großen Koalition. Vor einem Jahr startete die Wiederauflage der Großen Koalition aus CDU, CSU und SPD. Sowohl bei der Luftreinhaltung als auch beim Klimaschutz steht die Bundesregierung seit einem Jahr auf der Bremse. Fortschritte für mehr Verkehrssicherheit sind ebenfalls nicht zu sehen.

Kerstin Haarmann, Bundesvorsitzende des VCD: „Das Ergebnis der Verkehrs- und Klimapolitik nach einem Jahr Große Koalition ist ernüchternd. Den Ankündigungen aus dem Koalitionsvertrag folgten nur wenige Taten. Die versprochene Offensive für die Bahn lässt auf sich warten und dreckige Diesel belasten weiterhin die Luft in zahlreichen Städten. Klimapolitisch hinkt der Verkehr den Zielen meilenweit hinterher. Minister Scheuer bremst die Verkehrswende aus. Doch die ist überfällig, sonst ersticken unsere Städte in Abgasen, Lärm und Staus. Und Deutschland verfehlt krachend seine Klimaziele für 2030.“

Die Argumente des Verkehrsministers sind auf Stammtischniveau angekommen.

Es scheint, als blockiere Scheuer bewusst den Koalitionsvertrag. Die im Herbst 2017 von der Bundesregierung ins Leben gerufene Nationale Plattform „Zukunft der Mobilität“ sollte der Bundesregierung bis Ende 2018 konkrete Handlungsempfehlungen liefern. Damit sollten die im Klimaschutzplan verankerten Ziele für den Verkehr in 2030 erreicht werden. Doch Verkehrsminister Scheuer fiel seiner selbst eingesetzten Expertenkommission in den Rücken. Aus seiner Geringschätzung für deren Arbeit machte er keinen Hehl. Er kritisierte erste Vorschläge zum Tempolimit auf Autobahnen und zur Erhöhung der Steuern auf Benzin und Diesel. Nun fordert er, dass der Abschlussbericht keine kritischen Maßnahmen enthalten soll. Der VCD befürchtet, dass solche weichgespülten Empfehlungen kaum Wirkung für die benötigte CO2-Minderung im Verkehr haben. Auf europäischer Ebene blockierte Deutschland weiterhin als eines der wenigen Länder ambitionierte CO2-Grenzwerte für Pkw und Lkw und damit den notwendigen Klimaschutz.




Die Argumente des Verkehrsministers sind auf Stammtischniveau angekommen. Obwohl ein Tempolimit auf Autobahnen sowohl zum Klimaschutz als auch zur Verkehrssicherheit beitragen würde – mehr als einhundert Tote und 5000 Verletzte könnten damit jährlich vermieden werden – bezeichnete Scheuer eine Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen als „gegen jeden Menschenverstand“. Damit verhöhnt Scheuer den Koalitionsvertrag, denn dort ist die „Vision Zero“, das Ziel „Null Verkehrstote“ festgehalten.

Ohne Zögern machte sich der Minister auch die ihm willkommene Position der 107 Lungenärzte zu Eigen und stimmte damit in die Falschbehauptung mit ein, Luftschadstoffe seien nahezu unbedenklich für die menschliche Gesundheit. Obwohl der Stand der Forschung eindeutig ist, forderte Scheuer Brüssel sogar dazu auf, die Grenzwerte für Stickstoffdioxid zu überprüfen. Statt den Gesundheitsschutz der Bevölkerung an erste Stelle zu stellen, geht es dem Verkehrsminister einzig darum, Fahrverbote von schmutzigen Diesel-Pkw zu verhindern.

Nach einem Jahr GroKo bleibt die Frage: Wohin scheuert der Verkehr?

Im Koalitionsvertrag wurde angekündigt, die Straßenverkehrsordnung zu überprüfen, um den Radverkehr zu fördern. Aktuell arbeitet eine Expertenkommission an einem Entwurf, konkrete Empfehlungen stehen jedoch noch aus. Ebenfalls vereinbart wurde das Ziel, die Fahrgastzahlen bei der Bahn zu verdoppeln. Dennoch erhöhte die Bundesregierung ihre Investitionen in den Bau von Autobahnen und Bundestraßen beträchtlich gegenüber denen für die Schiene.

Gerd Lottsiepen, verkehrspolitischer Sprecher des VCD: „Nach einem Jahr GroKo bleibt die Frage: Wohin scheuert der Verkehr? Weder liefert Minister Scheuer mit seinem Ressort einen Beitrag zum Klimaschutz noch lässt die SPD einen klaren Klimakurs erkennen. Bisher kamen zwar einige vernünftige Vorschläge von Umweltministerin Schulze, die wurden von Scheuer und Wirtschaftsminister Altmaier jedoch abgebügelt und von Vizekanzler Scholz kaum unterstützt. In ihrer letzten Amtsperiode muss Kanzlerin Merkel den Gesundheits- und Klimaschutz zur Chefsache erklären. Die Bundesregierung muss sich spätestens jetzt auf den Koalitionsvertrag besinnen anstatt weiter ziellos zwischen den Ressorts herumzueiern. Für das Klima und die Gesundheit der Menschen braucht es ein Ende von Scheuers Bremspolitik.“