Wenn Autofahrer Radfahrer überholen wollen, müssen sie 1,50 Meter Abstand halten. Mindestens. Sind Kindern im Spiel, müssen es sogar 2 Meter sein. Das muss man leider immer wieder und viel häufiger sagen, schreiben und manchmal auch brüllen, weil es viele Autofahrer entweder nicht wissen oder nicht wissen wollen. Es steht so konkret auch nicht in der Straßenverkehrsordnung, was die Sache eben nicht leichter macht. Gerichtsurteile bestätigen diesen einzuhaltenden Sicherheitsabstand aber regelmäßig (OLG Hamm, Az. 9 U 66/92 oder OLG Naumburg, 12.07.2005 – 12 U 29/05).

Nun gibt es aber immer wieder Autofahrer, die argumentieren, dass die 1,50 Meter gar nicht immer eingehalten werden können, weil das zum Beispiel der Gegenverkehr nicht zulässt. Oder es eine Mittelinsel gibt. Tja, das heißt dann aber nicht, dass die 1,5-Meter-Regel an dieser Stelle aufgehoben ist. Im Gegenteil: Hier gilt dann faktisch ein Überholverbot. Und zwar so lange, bis kein Gegenverkehr mehr kommt und man als Autofahrer beim Überholen auf die Gegenfahrbahn ausscheren kann.

Es tut mir leid, aber ich erfahre in letzter Zeit immer wieder, dass vor allem ältere Autofahrer das mit dem Überholabstand nicht (mehr?) hinbekommen. Ich werde zum Teil so dicht überholt, dass ich den linken Arm nicht mal ausstrecken muss, um an die Beifahrerscheibe zu klopfen. Wenn das dichte Überholen unbeabsichtigt ist, dann müssen wir über Nachschulungen reden. Wenn es bewusst passiert, dann ist das eine Form von motorisierter Gewalt. „Weg da Radfahrer, hier ist meine Straße.“

Das Problem mit diesem „Massendelikt“ – der Tagesspiegel hat herausgefunden, dass mehr als die Hälfte aller Pkw, Lkw, Busse und motorisierter Zweiräder Fahrradfahrer zu eng überholt – ist, dass es große Wirkung auf die Opfer hat, aber selten überhaupt Wirkung auf die Täter. Radfahrer fühlen sich eingeschüchtert, bedrängt und haben Angst (Mehr als 90 Prozent der vom Tagesspiegel befragten Radfahrer empfinden zu eng überholende Autos als Hauptgefahr im Straßenverkehr.) – sind also auch Opfer, wenn sie körperlich unversehrt bleiben. Im besten Fall weichen sie dann auf Gehwege auch (was bei Fußgängern verständlicherweise nicht gut ankommt), im schlimmsten Fall fahren sie nicht mehr Fahrrad.

Der Autofahrer als Täter bekommt hingegen selten überhaupt mit, was er da anrichtet. Die Verunsicherung bei Radfahrern nicht und Strafen für zu dichtes Überholen bekommt er sowieso nicht. Nur wenn es mal richtig schief geht und es zum Unfall kommt, merkt er, warum es die 1,50-Meter-Regel gibt. Dann ist es aber bekanntlich zu spät.

Insofern sei an dieser Stelle noch mal und noch mal und noch mal darauf hingewiesen, dass Radfahrer nur überholt werden dürfen, wenn dabei der Abstand von 1,5 Metern eingehalten werden kann! Ist das nicht der Fall, muss man warten und – ja – auch mal hundert Meter hinterherfahren. Falls es für den einen oder anderen dazu noch anschaulicher Kampagnen bedarf, gibt es sie hier, hier und hier.

Im Bundestag ist der Überholabstand bei Radfahrern in dieser Woche übrigens auch wieder Thema. Stefan Gelbhaar (Bündnis 90/Die Grünen) stellt zwei Fragen an die Bundesregierung.

1. Plant die Bundesregierung eine bundesweite Erhebung, um zu ermitteln, wie hoch der Anteil an Autofahrerinnen und Autofahrern ist, die an Radfahrenden beim Überholen mit zu geringem Seitenabstand, also mit weniger als 1,5 m Abstand, vorbeifahren (ähnlich dem Projekt in DER TAGESSPIEGEL: www.tagesspiegel.de/berlin/projekt-radmesser-so-gefaehrlich-werden-radfahrer-in-berlin-ueberholt/23702706.html), und zu wie vielen Unfällen kommt es nach Kenntnis der Bundesregierung jährlich durch zu engen Seitenabstand beim Überholvorgang?

2. Welche weiteren Erkenntnisse (neben den Unfall-zahlen) hat die Bundesregierung über das Sicherheitsproblem eines zu geringen Seitenabstands beim Überholen von Radfahrenden durch Autofahrende, und welche Vorschläge bzw. Pläne hat die Bundesregierung, um die Sicherheit von Radfahrenden zu erhöhen, wenn Vorschriften wie das Überholen mit angemessenem Sicherheitsabstand von über der Hälfte der Autofahrenden (www.tagesspiegel.de/berlin/projekt-radmesser-so-gefaehrlich-werden-radfahrer-in-berlin-ueberholt/23702706.html) unabhängig von Schutzmaßnahmen, die Radfahrende selbst treffen, nicht eingehalten werden?

Antworten folgen…