Piktogrammkette Deutscher FahrradpreisIch fand es schon nicht sehr glücklich, als ich vor fünf Wochen auf der Homepage des Deutschen Fahrradpreises las, dass eine Piktogrammkette in der Kategorie „Infrastruktur“ nominiert wurde. Gestern Abend hat diese Mainzer Straßenmalerei dann aber tatsächlich eben in dieser Kategorie den Deutschen Fahrradpreis gewonnen.

Die Stadt Mainz möchte mit einer Piktogrammkette, also Fahrradsymbolen auf der Fahrbahn, gegen Irritationen vorgehen und aufklären, dass Radfahrende seit Aufhebung der Radwegebenutzungspflicht auch auf der Fahrbahn fahren dürfen. Sie hat zum Ziel, „die Konflikte zwischen Rad- und Kfz-Verkehr auf der Fahrbahn zu reduzieren und die Radverkehrsführung auf der Straße zu verdeutlichen. Es soll das subjektive Sicherheitsgefühl der Radfahrenden gestärkt werden, damit diese auch besser von den Vorteilen des Fahrbahnfahrens profitieren können.“

Ich bin nicht generell gegen Piktogramme. Ein Modellprojekt in Osnabrück befürworte ich ausdrücklich, weil hier praktisch keine Alternativen möglich sind. Und in Wien hat ein Versuch bereits positive Ergebnisse gebracht. Trotzdem sorgen Piktogramme nicht automatisch für sicheres Fahren. Sie sollen zwar „das Miteinander im Straßenverkehr verdeutlichen und die gegenseitige Rücksichtnahme verstärken“. Verantwortlich bleiben aber weiterhin die Autofahrer, weil sie (infrastrukturell) zu keinem Verhalten gezwungen, sondern lediglich gebeten werden. (Vielleicht wäre hier die Kategorie „Kommunikation“ passender.)

Daher ist mir ein Infrastruktur-Preis denn auch zu viel. Und das Signal, das von dieser Prämierung (vor allem in die Kommunen) ausgeht, ist doch folgendes: Radfahrer beschweren sich über schlechte oder nicht vorhandene Radwege? Malt ihnen einfach ein paar billige Fahrrad-Bildchen auf die Straße und schon habt ihr was getan. Kostet (fast) nichts und tut keinem weh. So begründet es sogar die Jury: „Mit der Fahrbahnmarkierung beweist die Stadt Mainz, dass effektive Radverkehrsförderung nicht immer teuer und planungsintensiv sein muss.“

Ein Infrastruktur-Preis für Farbe ist das falsche Signal.

Über echte Radverkehrsinfrastruktur macht sich dann keiner mehr Gedanken. Dabei ist sie es, die in Zeiten verstopfter Straßen, abgasschwangerer Städte und lärmgeplagter Quartiere für Entlastung sorgen kann: eine sichere, einladende Infrastruktur für Radfahrende von 8 bis 88.

Es wird daher Zeit für echte Infrastrukturprojekte für den Radverkehr. Der Radschnellweg Ruhr wäre so ein Beispiel. Oder breite Radverkehrsanlagen, für die auch mal ein Fahr- oder Parkstreifen geopfert wird. So wie die innerstädtischen Radschnellwege in Kopenhagen, die sogar mit grüner Welle bei 20 km/h ausgestattet sind.

Also: Schafft echte Grundlagen für den Radverkehr! Baut sichere Wege! Denn Farbe ist keine Infrastruktur!