Critical Mass − Eine unkritische Rad-Demonstration? Das fragt Joachim Lenders von der CDU-Bürgerschaftsfraktion den Hamburger Senat in einer Schriftlichen Kleinen Anfrage. In der Vorbemerkung des Abgeordneten heißt es:

Während der Rad-Demonstrationen verhalten sich die Critical-Mass-Teilnehmer in der Aufzugsspitze in der Regel verkehrsgerecht, die nachfolgenden Radfahrer behindern den Individualverkehr und ÖPNV teilweise erheblich. Es kam in der Vergangenheit gelegentlich zu Stürzen und Verkehrsunfällen, bei denen sich jeweils Radfahrer leicht verletzten. Verbale Auseinandersetzungen mit anderen Verkehrsteilnehmern − insbesondere Kraftfahrzeugführern − kommen vor.

Spontan bekomme ich bei dieser Vorbemerkung und den einzelnen Fragen das Gefühl, dass ihm die Critical Mass in Hamburg ein Dorn im Auge ist. Die Fragen 6 und 7 zielen zwar oberflächlich auf eine „Rechtssicherheit“ ab, aber dahinter steckt wohl eher die Hoffnung, die Critical Mass mithilfe einer Bundesratsinitiative zur Änderung der Straßenverkehrsordnung unter die Kategorie „Demonstration“ zu stellen und so den lockeren und ungezwungenen Charakter zu beseitigen – mit der Folge, dass sich dann jemand finden muss, der das Ganze Monat für Monat offiziell anmeldet.

Für Hamburg hätte ich da keine großen Bedenken, dass sich jemand finden würde. Für kleinere Städte sähe das aber wohl ander aus. Eine lockere Critical Mass wäre hier nicht mehr so einfach möglich.

Allerdings braucht jetzt niemand Angst zu haben, dass von Hamburg eine Änderung ausgehen könnte. Der Senat reagiert recht gelassen auf die Anfrage, sieht keinen Handlungsbedarf und verweist auf Artikel 8 des Grundgesetzes:

Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

Besonders schön ist die Antwort auf die Frage, ob der Senat die Critical Mass „als grundsätzliches Problem für die Gewährleistung der Leichtigkeit des Verkehrs und der Verkehrssicherheit der übrigen Verkehrsteilnehmer“ sehe:

Nein. Im Lichte der Bedeutung des Grundrechts der Versammlungsfreiheit sind die Einschränkungen für andere Verkehrsteilnehmer vertretbar. Die Aufzüge finden zu grundsätzlich verkehrsschwächeren Zeiten statt und die Durchlaufzeiten der Aufzüge betragen zwischen fünf bis maximal 15 Minuten.

Besser wäre hier nur gewesen, wenn der Senat auf die gleichberechtigte Nutzung der Verkehrsinfrastruktur für verschiedene Verkehrsteilnehmer hingewiesen hätte. Denn wo liegt schon der große Unterscheid zwischen einer Critical Mass und dem täglichen motorisierten Feierabendverkehr? ;-)

Insofern können sich die Hamburgerinnen und Hamburger auch weiterhin auf schöne letzte Freitage im Monat mit vielen, vielen Fahrrädern freuen!